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Infrastruktur

Warum dauert der Glasfaserausbau so lange?

Autor des Beitrags

Dennis Knake (Jg. 1975) ist Senior Manager Unternehmenskommunikation der Plusnet GmbH. Von Mitte 2016 bis Ende 2022 war er als Communication Manager im Bereich Internet of Things (IoT) tätig. Von 2004-2016 verantwortete er als Pressesprecher der QSC AG (heute q.beyond) die ITK-Fachthemen und gestaltete maßgeblich die Social Media Strategie des Unternehmens mit. Der gelernte Redakteur arbeitete zuvor bei verschiedenen Tageszeitungen vor allem im Bereich Online-Produktion und schloss 2003 sein Volontariat bei einer großen deutschen Verlagsgruppe ab.

„Hurra, endlich Glasfaser“, freuen sich Unternehmen und Anwohner unterversorgter Gebiete, wenn die frohe Nachricht ins Haus flattert, dass der eigene Standort bald mit Gigabit-schnellem Internet versorgt wird. Doch aus dem “bald” werden meist noch einige Monate, bis es wirklich funktioniert. Warum dauert der Glasfaserausbau so lange? Ein Erfahrungsbericht aus Anbietersicht.

Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland beim Thema Glasfaserausbau anderen Ländern deutlich hinterher. Der durchschnittliche Anteil von Glasfaseranschlüssen an allen stationären Breitbandanschlüssen in den Ländern der OECD lag 2022 bei 37,7 Prozent. An der Spitze Südkorea, Japan und Spanien mit über 83 Prozent. Deutschland dümpelt hingegen auf dem viertletzten Platz mit nur 9,17 Prozent nur noch vor Österreich, Belgien und Griechenland. Um zu verstehen, warum das so ist, hilft ein Blick in die Vergangenheit. Denn beinahe wäre Deutschland sogar Glasfaserpionier geworden.

Als Deutschland beinahe Glasfaserpionier wurde

Schon vor über 40 Jahren zeichnete sich ab, dass Kupferleitungen nicht zukunftsfähig sind. So beschloss das Bundeskabinett im April 1981 unter Kanzler Helmut Schmidt (SPD) als erstes Land weltweit, Deutschland ab 1985 flächendeckend mit Glasfaser auszustatten. Spätestens 2015 sollte das Land komplett mit der schnellen Infrastruktur versorgt sein.

Doch es kam  anders.

Innenpolitische Auseinandersetzungen führten Ende 1982 zum Auseinanderbrechen der sozialliberalen Koalition zwischen SPD und FDP. Schmidt trat ab und Helmut Kohl (CDU) übernahm als Bundeskanzler das Zepter. Christian Schwarz-Schilling wurde zum „Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen“ ernannt.

Die neue Regierung fokussierte sich aber trotz Kritik aus dem In- und Ausland lieber auf die zügige Errichtung eines bundesweiten Kabelnetzes mit Fokus auf die bessere Verbreitung von Funk- und Fernsehprogrammen. Ziel war es, Privatsender zu stärken, um dem Öffentlich Rechtlichen Fernsehen etwas entgegen zu setzen. Schwarz-Schilling und der Regierung Kohl war diese zu linkslastig. Die Investitionen in Glasfaser erschien der neuen Regierung außerdem zu teuer, Kabelnetze konnte man sofort verlegen und damit auch kurzfristig Arbeitsplätze schaffen.

Gesagt, getan: Die Wahl fiel auf Kupfer. Fatal dabei: Auch die Leerrohre für künftige Technologien hatte man beim Verlegen der Kabelnetze vergessen.

40 Jahre später ist das Postministerium längst Geschichte. Der Kommunikationsmarkt ist liberalisiert und heute versuchen rund 170 Unternehmen, allen voran Platzhirsch Deutsche Telekom, das aufzuholen, was in den 1980er Jahren versäumt wurde: flächendeckender Glasfaserausbau bis zu den Kunden.

Schwarz-Schillings riskante Entscheidung, die Postmilliarden jetzt noch in Kupfernetze zu stecken, stieß sogar im fernen Japan auf Verwunderung."Langfristig falsch", DER SPIEGEL, 30.01.1983

Glasfaserausbau aus Anbietersicht: Von der Planung bis zum Anschluss

In Deutschland gibt es zwei Arten von Glasfaserausbau: Der eigenwirtschaftliche Ausbau, bei dem das Unternehmen die finanziellen Mittel selbst aufbringt, sowie den geförderten Ausbau. Dieser ist zwischen Kommunen, dem Infrastrukturanbieter und dem Bund anhand eines Förderbescheids geregelt. Plusnet baut Glasfaser ausschließlich eigenwirtschaftlich aus.

Doch welche Schritte sind nötig, bis die Kunden endlich in den Genuss einer Infrastruktur kommen, die ihnen schnelle Datenverbindungen für die nächsten Jahrzehnte verheißt? Und welche Überraschungen lauern auf dem Weg dorthin?

  • Potenzialanalyse
    Eine genaue Potenzialanalyse beim Glasfaserausbau ist das A und O. Welches Gebiet ist unterversorgt, hat also dringenden Ausbaubedarf und verspricht großes Kundenpotenzial? Plusnet fokussiert sich hier auf unterversorgte Gewerbegebiete auf dem Land. Dabei werden potenzielle Gebiete identifiziert und anhand unterschiedlicher Merkmale bewertet. Seit August 2023 bietet Plusnet erstmal auch Glasfaserprodukte für Privatkunden an. Aus diesem Grunde werden bei der Bewertung der Gebiete nun auch diese erweiterten Faktoren berücksichtigt.
  • Glasfaser Vorvermarktung
    Ist ein Gebiet als potenziell wirtschaftlich identifiziert geht es in die Vorvermarktung. Hier werden nun die Anlieger vor Ort über den geplanten Glasfaserausbau informiert. Diese können sich dann an Plusnet wenden und ihr Interesse an einem Anschluss bekunden. Warum überhaupt Vorvermarkten? Glasfaserausbau ist teuer. Und wer alles in Eigenregie finanziert, braucht Sicherheiten. Erst wenn sich ausreichend Interessenten finden, kann Plusnet mit dem Ausbau beginnen, sonst lohnt es sich schlichtweg nicht.
  • Bauplanung und Genehmigungsverfahren
    Mit der Vorvermarktung geht es auch zügig an die Bauplanung. Bevor die Bagger loslegen dürfen, bedarf es allerlei Genehmigungen. Hier vergehen gerne schon acht bis zwölf Wochen Zeit. Genehmigungsverfahren sind in Deutschland zudem immer noch mit viel Papierkram verbunden und je nach Kommune hat man es mit unterschiedlichen Anforderungen und Formularen zu tun.

    • Von der Bundesnetzagentur müssen zunächst die Wegerechte angefordert werden.
    • Dann benötigt es die Genehmigungen der örtlichen Straßenbaubehörden oder Tiefbauämter.
    • Zusätzlich sind weitere Genehmigungen etwa zu den Themen Denkmal- oder Umweltschutz einzuholen.
Glasfaserausbau in Bergisch Gladbach: Spatenstich im Gewerbegebiet West
Potenzialanalyse, Vorvermarktung, Genehmigungsverfahren: Bis es zum symbolischen Spatenstich, wie beispielsweise hier im Juli 2023 im Plusnet Ausbaugebiet in Bergisch Gladbach, kommt, vergehen bereits viele Wochen. Und dann beginnt der eigentliche Ausbau erst. Foto: Plusnet/Kay Uwe Fischer
  • Baubeginn und Verlegetechniken
    Ist die Vorvermarktung erfolgreich und liegen die notwendigen Genehmigungen vor, geht es an die Bauarbeiten. Also fast. Bevor es wirklich losgehen kann, muss noch einiges koordiniert werden: So muss die Stadt oder Kommune zunächst einen Lagerplatz für die Materialien zuweisen und genehmigen. Vorausgesetzt die vorhandenen Ressourcen sind verfügbar, kann es dann endlich losgehen. Fachkräftemangel ist auch in dieser Branche ein großes Problem.
    Je nach Bauabschnitt werden zudem unterschiedliche Verlegetechniken angewandt. Normalerweise wird mit einem Bagger auf herkömmliche Weise ein rund 60 Zentimeter tiefer Graben ausgehoben und die Glasfaser darin verlegt. Kreuzen Bahngleise oder Autobahnen den Weg, ist die Spülbohrung das Mittel der Wahl. Hier gräbt sich ein ferngesteuerter Bohrkopf durch die Erde. Dieser bohrt einen rund zehn bis 15 Zentimeter kleinen Tunnel, bei dem ein schnell trocknender Betonmantel „eingespült“ wird. Durch den Tunnel wird später die Glasfaser verlegt.
    Dann gibt es auch noch das schnellere „Trenching“. Hier wird in einem Arbeitsschritt der Boden geöffnet, das Kabel verlegt und dahinter wieder verschlossen. Diese Methode hat aber Nachteile und ist auch von den Tiefbauämtern nicht gerne gesehen: Trenching funktioniert nur mit Asphalt und nicht auf gepflasterten Bürgersteigen. Auch liegen die Kabel dann nur in etwas 20 bis 30 Zentimetern Tiefe. Werden Straßen überquert ist dies meist problematisch, da überquerender Schwerlastverkehr die so nah an der Oberfläche verlegten Kabel beschädigen könnte.Sind die Glasfaserkabel entlang der Straßen verlegt, können die Anschlüsse zum Haus realisiert werden. Hier ist dann die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Eigentümern vonnöten. Bei Distanzen bis zu 20 Metern wird hier mittels Erdrakete, einer ungesteuerten Bohrung, mit Pressluft die Glasfaser bis zum Gebäude verlegt.Während der Bauphase wird der Hausanschluss von den Infrastrukturanbietern oftmals kostenlos übernommen. Wichtig ist nur, dass die Eigentümer sich noch vor Baubeginn für einen Anschluss entscheiden. Ist der Bagger erst vorbeigefahren wird das nachträgliche Verlegen der Glasfaser zum Gebäude sehr teuer.
  • Unverhofft kommt oft
    Trotz aller Planung und Koordination ist man vor Überraschungen während des Glasfaserausbaus nicht gefeit. All die folgenden Einflüsse können den Bau weiter verzögern. Ein oder mehrere dieser Umstände treten dabei fast immer ein.

    • Wetter
      Das Wetter ist ein unberechenbarer Faktor: Ist der Boden gefroren, geht es nicht weiter. Gießt es tagelang in Strömen, kann auch nicht gebaut werden.
    • Naturschutz
      Je nach Jahreszeit können Bauvorhaben etwa durch Brutzeiten seltener Tierarten verzögert werden.
    • Topografie
      Nicht vorher erkennbare Veränderungen der Bodenbeschaffenheit können den Bau verzögern, etwa wenn massiver Fels den Bagger behindert.
    • Munitionsfunde
      Immer noch schlummern unzählige Blindgänger aus dem zweiten Weltkrieg in unseren Böden. Ein Baustopp bis zur Entschärfung ist unumgänglich.
    • Archäologische Funde
      Nicht selten stoßen Bautrupps auch auf Relikte vergangener Zeiten. Bevor der Bau hier weiter gehen kann, müssen diese gesichert werden. Das kann dauern.
    • Giftige Altlasten
      In den 1990er Jahren wurde hochgiftiges Phenol unter Asphaltdecken verbracht. Nicht immer ist das im Vorfeld bekannt. Stößt man beim Tiefbau darauf, muss dieses unter hohem Aufwand entfernt und als Sondermüll entsorgt werden. Das kostet Zeit und Geld.

Tritt erstmal ein Baustopp ein, entstehen neue Probleme: Dauert es länger, so können entstehenden Wartezeiten den Abzug der Ressourcen vor Ort bedeuten, da Bagger und Equipment woanders benötigt werden. Sind diese erstmal abgezogen, kommen sie meist so schnell nicht wieder zurück.

  • „Taktischer Überbau“ durch Wettbewerber
    Und manchmal kommt einem auch der Wettbewerb in die Quere: Der so genannte „taktische Überbau“ oder “strategische Überbau”. Ohne Frage ist die Deutsche Telekom als ehemaliger Monopolist der Gigant im Deutschen Glasfasermarkt. Mit viel Kapital im Rücken und bekannter Marke. So passiert es in der Vergangenheit immer wieder, dass immer dann, wenn ein alternativer Anbieter ein Ausbaugebiet öffentlich kommunizierte, anschließend auch die Telekom den alsbaldigen Ausbau verkündet.
    Für die kleineren Mitbewerber gibt es dann kaum noch eine Chance und ziehen sich meist aus dem Gebiet wieder zurück.Das ist nicht nur für den Anbieter ärgerlich, sondern oft auch für die Kommune und Anwohner: Straßen werden wiederholt aufgerissen und gerade abgeschlossene Verträge müssen wieder Rückgängig gemacht werden. Manchmal dauert es dann sogar noch länger, bis die Glasfaser dann endlich angekommen ist.

Fazit

Internetvertrag unterschreiben, zwei Wochen warten und lossurfen: Das geht nur dann, wenn die Infrastruktur bereits vorhanden ist. Bei der Glasfaser muss Deutschland die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte aufholen. Der Glasfaserausbau wird kommen, doch ganz so schnell wie erhofft, wird es vielerorts nicht funktionieren.  
 
Die Gigabitstrategie der Bundesregierung sagt eine 100-prozentige Abdeckung für das Jahr 2030 voraus. Ob das gelingt, wird sich zeigen. Der Teufel steckt wie immer im Detail.

Veröffentlicht am 27. November 2023

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